Kritik zu Superhero (El Perro Azúl Teatro) von Kim Ehinger


Fernando Moreno (Foto: Rafa Laufende)

Auf der Bühne ist eine trostlose Wohnzimmerlandschaft zu erkennen. Das einzige Licht beim Betreten des Saales strahlt in Form eines Supermanbildes über dem kleinen Bett. Hier zeigt sich schnell das Motiv der spanischen Theatergruppe, die sich mit ihrer Inszenierung stark an Comics und Superheldengeschichten anlehnen. Diese Geschichte erzählt von einem Jungen, der mit seiner Großmutter zusammenlebt, die Eltern, wie schon bei Bruce Wayne und so vielen anderen Superheros aus der Popkultur, existieren in dieser Welt nicht. Da die finanziellen Mittel der Großmutter nicht reichen, taucht eines Tages ein Elektriker auf, um den Strom abzustellen. Der ohnehin schon triste Alltag verliert nun das Licht. Die einzige Lichtquelle ist nur noch die kühlen Schimmer des Nachtclubs auf der anderen Straßenseite, indem auch die schöne Tänzerin arbeitet, die der Junge vom Fenster aus beobachtet. Als schließlich seine Großmutter von dem Elektriker entführt wird, muss dieser den Superhelden in sich finden, um seine Großmutter und das Licht wieder zurückholen.

Das diese klassische Superheldengeschichte nie ins Klischeehafte abrutscht, liegt vor allem an Fernando Moreno, der diesen Abend komplett alleine mit seinem präzisen und sinnlichen Maskenspiel bestreitet. Der Wechsel vom Jungen, der sich geschickt auf sein Skateboard schwingt, zu der zittrigen Langsamkeit der Großmutter gelingt Fernando mit solch einer Leichtigkeit, dass man sofort vergisst, dass hier tatsächlich nur ein Person auf der Bühne agiert. Nur manchmal blinzelt das Gesicht des Schauspielers hinter in der Maske hervor - ein kurzer Bruch es ist doch alles nur Theater.

Genau dieser Bruch ist auch eingearbeitet in die Erzählebene, die neben dem Spiel des Schauspielers in narrativer Form aus dem Off kommt. Traum und Realität wechseln sich ab. Doch anstatt das Träumen als Realitätsflucht zu begreifen, schöpft der Held daraus seine Kraft. Die Fantasie rettet uns vor der harten, ungerechten Welt, aber- und hier schält sich eine kraftvolle Botschaft an das Publikum heraus, die Verantwortung aus dieser Fantasie eine Wirklichkeit werden zu lassen liegt bei uns. Jeder kann ein Superheld sein, oder eben ein Schurke. Das Licht und die Dunkelheit sind Teile unserer Persönlichkeit, doch wir entscheiden, wie wir diese Kräfte freisetzen und hier wird die Superheldenthematik losgelöst vom Pathos des fliegenden Kraftprotzes mit dem roten Cape. Es sind auch die Helden des Alltags, die von der Inszenierung ebenfalls gehuldigt werden. Die Großmutter, die stellvertretenden für alle alleinerziehenden Frauen steht, die es trotz aller Widrigkeiten schaffen, der Junge, der sich seinen Albträumen stellt und es schafft seine Ängste zu überwinden. Hier zeigt sich die Magie des Theaters, das einen Spielraum für Träume und eine Ode an die Fantasie schafft. 

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