Kritik zu „Das hässliche junge Entlein“ vom „FigurenTheater St. Gallen“ von Laura Nußbaumer
Foto von Frauke Jacobi |
Renaissance der Kindheit
Die
Theateraufführung „Das hässliche junge Entlein“ des Figuren Theaters aus St.
Gallen eröffnet mit einer weißgekleideten Gestalt, die auf die Bühne tritt. Ist
es ein Geist oder, wie das junge Publikum sich laut wundert, ein Engel? „Ist
das im Himmel?“ Nein, es ist Frauke Jacobi, die den Schwan spielt, der im
hässlichen Entlein steckt.
Die Märchen von Hans
Christian Andersen sind altbekannt und altbewährt. So spielt Frauke Jacobi
bereits seit 18 Jahren die Geschichte vom Entlein (Regie: Lars Frank), das
eigentlich ein Schwan ist, ihren Zuschauern ab 5 Jahren vor und hilft damit den
Brauch einer Kindheitserinnerung aufrecht zu erhalten. Mit verträumter Stimme
erzählt die Figurenspielerin von dem Sommer, in dem das Entlein geboren wurde.
Das weiße Federkleid wird mit grauen Lumpen verhüllt und die Geschichte aus
einer schon rüstigen Truhe ausgepackt.
Die brütende Entenmutter
sitzt auf ihren vier Eiern und wartet darauf, dass die Küken schlüpfen.
Allerdings ist ein Ei nicht wie die anderen. Groß wie eine Melone und grau wie
ein Stein, befürchtet sie, dass es sich um ein Puten-Ei handelt. Aber nein, es
ist das hässliche Entlein, das sofort mit dem Bestürzen seiner Rabenmutter in
dieser Welt begrüßt wird. „Groß, grau und hässlich!“, tönen die Kinder im
Publikum mit der Entenmutter und dem verletzten Entlein.
Liebenswert und sympathisch
wird mit Puppen und Kostümen die Geschichte erzählt, wie das Entlein vom
Entenhof fliehen muss, weil es von den anderen Hofbewohnern gehänselt, gemobbt
und ihm mit dem Tod gedroht wird. Es kommt daraufhin in den Wald, wo es einen Vogel
trifft, der von Jägern erschossen wird und begegnet dann einer alten Frau, die
es nur über den Winter bei sich aufnehmen will, wenn das Entlein ihr pro Tag
ein Ei legen kann. Mit allem Pech der Welt scheinen dem Entlein nur die
grausamen Seiten des Lebens zu begegnen und schließlich schläft es in seinem
Versteck vor dem Winter ein und erwacht erst wieder im Frühling.
Fast wie eine Wiedergeburt
wacht das Entlein nach dem Winterschlaf als wunderschöner Schwan auf. Genauso
leben auch die Märchen unserer Kindheit immer wieder auf ohne jemals alt zu
werden. Frauke Jacobi erzählt die Geschichte vom hässlichen Entlein wie einen herrlichen
Traum, wobei sie stimmungsvolle Bilder des Sommers, des Herbstes, des Winters
und schließlich des Frühlings in die Köpfe der Zuschauer zaubert. Beim Anblick
der fallenden Federn, die Schnee verkörpern sollen, fröstelt es einem und wenn
die alte Frau im Wald den Ofen anheizt wird einem zusammen mit dem Entlein
sofort wieder wohlig warm.
Auch wenn das Entlein am Ende
nicht gestorben ist, erlebt es eine Wiedergeburt und ebenso erfahren alle, die
das Märchen noch aus ihren Kindertagen kennen, mit diesem Theaterstück eine
Renaissance ihrer Kindheit.