Kritik zu 'Shubunkin – Der Fisch im Mond' von Gubcompany/Schweiz, 'Wiersma & Smeets'/Niederlande von Martin Meißner
Die
mit den Fischen tanzen
Foto:Andrea Berclaz |
Die
'Gubcompany' Zürich und 'Wiersma & Smeets' aus
Tilburg/Niederlande präsentieren im Pförtnerhaus Feldkirch, im
Rahmen des 30. Luaga und Losna-Festivals ihre gemeinsame Produktion
'Shubunkin – Der Fisch im Mond' ab 6 Jahren
Etwas
verstohlen schleichen sie sich im Halbdunkeln auf die Bühne, finden
ihren Platz in einem scheinbaren Durcheinander. Da sieht's schon ein
bisschen aus wie im Kinderzimmer, und auf den ersten Blick
vielleicht nicht wie im ordentlichsten. Wenn das Licht hell wird,
sieht man das Ensemble in einem Tohuwabohu von Gegenständen: Da
stehen Flaschen, Tische, Stühle, Tassen, ein Dia-Projektor, ein
Aquarium, etwas, das ein Kleiderständer sein könnte, und noch viel
mehr, was das Auge im ersten Moment nicht ganz fassen kann. Aber
schon nimmt die erste ein großes Bilderbuch in die Hand, der nächste
setzt sich an einen Tisch, der sich als Synthesizer entpuppt, und die
vierköpfige Truppe beginnt aus all den Details und Einzelheiten mal
krachend und frech, mal leise und fein ihre Geschichte – im
wahrsten Sinne des Wortes – zu ent-wickeln.
Denn
das scheinbare Durcheinander ist viel mehr ein Bei- und
Neben-einander aus vielen einzelnen Elementen, in denen nichts
zufällig ist, und alles auf wunderbare, oft verblüffende und
bezaubernde Weise einen Sinn ergibt.
So
ist die Bühne schnell kein Kinderzimmer mehr sondern ein sich immer
wieder neu drehendes, sich selbst installierendes Kaleidoskop: Der
Projektor macht aus Papierschnipseln plötzlich Fische, die im Wasser
herumschwirren und sich unterhalten, Synthesizer und Schauspieler
produzieren dazu die entsprechenden blubbernden Geräusche, und
unterstützt von Lichteffekten taucht das Publikum ab in die
Geschichte... und in den Fischteich!
Denn
das sind die Stars der Geschichte: Da ist die Goldfisch-Schule, wo
man natürlich Hausaufgaben machen muss und die Lehrerin natürlich
als letzte in die Klasse kommt; wo es einen fiesen, widerlichen
Bösewicht namens Willi gibt, vor dem sich die Mitschüler ängstigen
– ein furchteinflößender Scherenschnitt mit einem gefräßigen,
nimmersatten Fressmaul auf der Leinwand .... und auch Shubunkin, der,
wie sein Name verrät, irgendwie anders ist. Nämlich wunderschön.
Jetzt verändert sich die Musik, und verschmilzt mit dem Licht fast
wie zu einem Regenbogen. Von irgendwo hat ein Schauspieler eine
zweite Mini-Leinwand hergezaubert, auf der die Titelfigur nun
hervorschwimmt, und jetzt sehen wir, was Shubunkin so besonders
macht: Er glitzert und schimmert in allen Farben, und wir glauben,
seine anmutig im Wasser wehenden Flossen berühren zu können, wären
wir nur nahe genug. Niemand weiß, wie Shubunkin hierher kam. 'Die
Ente hat dich in den Teich geschissen!' blubbert der böse Willi
bissig, und am Vollmond, wo eigentlich schulfrei ist, Flossenball
gespielt wird, und volle Happiness unter Wasser angesagt sein sollte,
kommt es im Mondlichtwasser zum Showdown: Willi, dem der Neid an den
Gräten frisst, ist mit Stubenarrest belegt, und büxt aus:
Sharkwater im Goldfischteich! Nur das sprichwörtliche Wunder kann
Shubunkin retten: Prinzessin Miraluna sendet, obwohl die Mama ihren
Mondstrahl nicht richtig aufgeladen hat, außerirdische Hilfe, und
wir sehen ihn erst auf der Bühne wie in einem Kunstwerk der Illusion
auf einer Leinwand aus sich windenden Seilen nach oben steigen,
schließlich sogar wie ein phosphoreszierendes Luftschiff über den
Köpfen der Zuschauer dahinschweben. Doch ist die Gefahr noch nicht
vorüber: Wie Ikarus fällt der Heldenfisch aus dem Himmel, und ein
paar Striche zaubern die gefräßige Katze riesengroß auf den
Bühnenhintergrund. Doch darf man sicher sein: Shubunkin schwimmt
wieder....
Was
ein unendlich vielfältiges Uhrwerk aus sorgfältig gearbeiteten,
ineinandergreifenden Details ist, begann eigentlich als Zufall:
Irgendwann fanden Kinder einen Fisch auf dem Trockenen, direkt vor
dem Haus der Leiter der Gubcompany Zürich Heinz Gubler (Regie) und
Christine Rinderknecht (Text und Regie). Eine Geschichte musste her,
und natürlich auchMenschen, die diese spielen und umsetzen. Neben
Rahel Hubacher, die verschiedene Fische und Wesen famos spielt und
singt, und Erich Hufschmid, am Keyboard und am Mikrofon, sind das
Moniek Smeets und Bram Wiersma aus den Niederlanden. Letztere beiden
sind Akteure, aber vor allem, da aus der bildenden Kunst stammend,
für die großartige Objektkunst verantwortlich, welche die Welt von
Shubunkin für eine Stunde, einmal vom Fischteich zum Mond und
zurück, zum Leben erweckt.
Eine
Stunde, die in keiner Sekunde eine Länge hat, und dabei so präzise
und raffiniert gearbeitet ist, wie sonst kaum eine
Kindertheater-Inszenierung. Eine Ensemble-Leistung im wahrsten Sinne
des Wortes: Vier Künstler, unterschiedliche Sprachen und
unterschiedlichste künstlerische Herkünfte, bringen diese
feinmaschige Bühnenmaschinerie zum tanzen.